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YOLO! FOMO! NYSE!

Wie Millennials mit Robinhood der Wall Street das Fürchten lehren.

Robinhood ist der Name einer erfolgreichen Trading-App, die das Spekulieren an der Börse stark vereinfacht und den Einstieg in die große Finanzwelt erleichtert. Nun haben vom Lockdown gelangweilte Jugendliche mit digitalen Flashmobs via Reddit diverse Aktienkurse heftig steigen lassen und so mächtige Investoren um Milliarden gebracht. Der finanzielle Klassenkampf hat begonnen.

Trading-Apps wurden programmiert, um den Finanzmarkt zu demokratisieren. Der Handel mit Aktien und ETFs ist auf einmal zugänglich, günstig und unkompliziert. Vorreiter in den USA ist eine App namens Robinhood mit über 13 Millionen Nutzern. Die meisten von ihnen sind typische Millennials, geboren zwischen 1980 und 1999. Bereits im ersten Lockdown schossen die Downloadzahlen steil nach oben. Viele entdeckten so den Aktienhandel als Möglichkeit zum Geldverdienen für sich oder hatten einfach zu viel Zeit und Spielgeld. Da Sportveranstaltungen und somit auch Sportwetten der Corona-Pandemie zum Opfer fielen wurde die Börse zu ihrem Spielcasino. Gerade Robinhood fordert mit verspielten Funktionen wie einem Konfetti-Regen förmlich zum Zocken auf. Das deutsche Pendant nennt sich übrigens Trade Republic. Offenbar haben die Millennials Spaß daran gefunden: Im aktuellen zweiten Lockdown stellten die jungen Trader die New Yorker Börse auf den Kopf.

Das große GameStop-Beben
Den ganzen Januar über haben sich die Geldanleger-Millennials über das soziale Netzwerk Reddit zu Massenkäufen von GameStop-Aktien verabredet. In der letzten Januarwoche ließen sie den Kurs binnen weniger Tage von 4 auf 400 US-Dollar explodieren. Seit Anfang des Jahres hat er um 900 Prozent zugelegt. Im Vergleich zum Frühjahr 2020 sogar um 4.500 %! Ein Internetphänomen erschüttert die Finanzwelt.

Wiederbelebung einer Börsen-Leiche
Monatelang war die GameStop-Aktie nur ein paar Cent wert. Die Ladenkette ist ein Auslaufmodell, ihr drohte die Puste auszugehen. Denn Videospiele werden nicht mehr im Laden sondern online gekauft. Dass über Nacht ein Hype um genau diese Aktie entbrannte, überraschte alle. Eigentlich war das am Boden liegende GameStop ein gefundenes Fressen für Hedgefonds, die große Geldsummen darauf setzen, dass Firmen schlappmachen. So erschufen sie mit einer Leerverkaufsquote von 142 % eine gewaltige Spekulationsblase. Bedeutet: Es sind wesentlich mehr Aktien in Umlauf als tatsächlich vorhanden. Für die Wetten auf sinkende Kurse leihen sie sich die zugehörigen Aktien und verkaufen diese direkt „leer“ weiter. Fällt die Aktie danach, ist die Kursdifferenz ihr Gewinn. Darum machen Shortseller zuvor detaillierte Analysen und prüfen sehr genau, wie es um die Unternehmen steht, die ins Visier genommen werden. Die illegalen Machenschaften von Wirecard wurden so zum Beispiel aufgedeckt.

What goes up must come down
Steigt jedoch der Kurs der sicher im Sinkflug geglaubten Papiere bekommen Shortseller ein Problem. Jeder Cent, den der Kurs nach oben steigt, ist dann futsch. Kaufdruck entsteht. Die Hedgefonds sind gezwungen ihre Wetten aufzulösen. Je länger sie warten, desto größer wird ihr Verlust. Im Falle von GameStop kam es zu einem Short-Squeeze, dem Super-GAU für die großen Finanzinvestoren. Das bedeutet: akute Aktienknappheit, was die Nachfrage weiter erhöht und somit die Verluste der Leerverkäufer. Besonders Melvin Capital ist so gut wie ruiniert und überlebt nur, weil er von Finanzdienstleister Citadel mit knapp 3 Milliarden US-Dollar gestützt wird. Knapp 20 Milliarden US-Dollar haben sich in Luft aufgelöst.

Auf Reddit feiern die Millennials ihren großen Coup
Laut Wirtschaftsdienst Bloomberg machen die Robinhood-Trader schon rund 20% des gesamten US-Börsenhandels aus. Sie organisieren sich hauptsächlich über das Chatforum Reddit, das 52 Millionen Abonnenten hat. Hier treffen sich überwiegend junge, technikbegeisterte Menschen, können anonym posten und haben eine eigene Sprache entwickelt (FOMO, YOLO, AMA*). Die Struktur der Foren bietet bessere Bedingungen als andere Plattformen für Absprachen untereinander. Für quasi jeden Inhalt existiert ein eigenes Unterforum, wo man sich mit Gleichgesinnten austauscht. Je größer die Community, desto schneller können Themen viral gehen. Der GameStop-Wahnsinn begann auf einer Unterseite namens WallStreetBets. Die mittlerweile 7 Millionen Mitglieder große Community stachelte sich gegenseitig dazu an GameStop-Aktien zu kaufen und zu halten. Ihre Macht in der realen Welt haben sie nun eindrucksvoll demonstriert. Viele Nutzer geben den Hedgefonds die Schuld an der Finanzkrise 2008, als in Amerika die große Immobilienblase platzte. Jetzt sei die Zeit gekommen, es diesen verhassten Investment-Mogulen endlich heimzuzahlen. Sie sollen Dollar bluten. Der Endkampf zwischen Millennials und Babyboomern findet online statt.

Die Revolution findet jeden Tag woanders statt
Vermutlich hätten sich die jungen Internet-Trader nicht träumen lassen, dass ihr Tun solche Auswirkungen haben würde. Aber Greta Thunberg hätte, als sie das erste Mal für den Klimawandel alleine auf der Straße stand, es sicher auch nicht für möglich gehalten, dass daraus eine globale Jugendbewegung entstehen würde. Nun ist der Mob los und schon wird in den Medien über ein „Occupy Wall Street 2.0“ berichtet. Einer neuen rebellischen Meute, die sich gegen die gierigen Spekulanten und deren schändliches System erhebt. Die Trading-Apps, soziale Netzwerke und Discountbroker verwendet, anstatt auf der Straße zu demonstrieren. Falls es so sein sollte, gibt der kurzfristige Erfolg ihnen Recht. Denn sie haben es den etablierten bösen Börsen-Big-Boys ganz schön gezeigt. Aber Vorsicht: Die Anlagestrategie der Reddit-Millennials ist äußerst riskant bis hin zum Totalverlust aller Einsätze. Außerdem investieren sie längst woanders: Das nächste große Dinge ist angeblich Silber, vielleicht auch Dodgecoin oder doch Nokia? Nichts ist so alt wie der Börsenindex von gestern.

*Fear Of Missing Out, You Only Live Once, Ask Me Anything

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